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![]() Sie hat ihm vertraut Auf ihn gebaut
Für ihn gelebt
Hoffnung gehegt
Doch er hat sie betrogen
Ganz einfach belogen
Er brauchte Geld
Einen Platz in der Welt
Doch das Zeug ist gefährlich
Das sag ich dir ehrlich
Fass es nicht an
Sonst bist du dran
Kommst nicht mehr von los
Deine Sorgen sind groß
Sie will mit ihm reden
Er soll sich ergeben
Der Polizei sich stellen
Seine Zukunft erhellen
Was weiter passiert, pass nur auf
Vielleicht geht dir ein Lichtlein auf
Jetzt hör’ gut zu
Ich erzähl’ s dir im nu
Ich fange mal dann
Mit der Geschichte an
![]() Wie rosa Schneeflocken im WindMarie wartete. Sie liebte das Leben. Sie würde es sich nicht von ihm verderben lassen. Aber warum musste er auch wieder damit anfangen?
Er hatte versprochen damit aufzuhören. Nur für sie. Hatte erzählt, er wolle sich einen Job besorgen, einen richtigen. Aber er hatte sie belogen. Belogen und betrogen. Sie hatte ihn gesehen, wie er auf dem Schulhof stand, in einer dunklen Ecke. Umringt von Jugendlichen. Hatte die kleinen Tütchen in seinen Händen gesehen und war dann nach Hause gerannt um die Wohnung zu durchsuchen.
Und sie hatte sie gefunden. Kleine Tüten mit weißem Pulver, „sein Stoff“, wie er sie nannte. Er hatte die Tüten im Badezimmer versteckt.
Und jetzt wartete sie. Wartete darauf, dass er zurückkam.
Sie stand am Fenster und schaute hinaus. Eine der Tüten mit dem „Stoff“ in der Hand festgekrallt, starrte auf den Zierkirschbaum im Garten. Er stand in voller Blüte. Seine Äste streckten die Zweige mit ihren Blüten in den Wolkenlosen Himmel, als wollten sie sie ihm als Geschenk überreichen. Vögel flogen zwitschernd durch die Zweige und die Blumen auf dem Rasen machten den Frühling perfekt.
Aber Marie konnte das alles nicht genießen. Eine kleine Träne kullerte ihre Wange hinunter. Ihr folgte eine nächste. Hastig wischte sie sie weg.
Die Ruhe dort draußen wurde von lautem Motorradknattern unterbrochen.
Er fuhr auf den Hof bis zum Schuppen. Stieg ab, schob sein Bike hinein und kam wieder heraus. Marie beobachtete, wie er fröhlich pfeifend zur Haustür schlenderte und in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel fingerte.
Noch ein letztes Mal sah sie sich im Zimmer um. Das Tonbandgerät hatte sie hinter einer Vase versteckt. Es war zwar ein älteres Modell, funktionierte aber einwandfrei. Die Tüten hatte sie alle auf einen Haufen in der Mitte des Zimmers geworfen.
Marie hörte das Schloss zu ihrer kleinen Wohnung klicken. Marie hatte die Wohnung zusammen mit Nico gemietet. Sie gehörte einer alten Frau, die ihm Untergeschoss wohnte. 2 Zimmer, Küche, Bad. Ruhige Lage und gar nicht mal teuer. Hier wollten sie ein neues Leben anfangen.
Die Tür öffnete sich.
„Hey Schatz“, tönte seine Stimme aus dem Flur, „ich bin zuhause.“
Ein letztes Mal putzte Marie sich die Nase. „Nico, wir müssen reden.“, sagte sie mit zitternder Stimme
„Was ist denn los?“ Er kam ins Zimmer und entdeckte die Tüten am Boden. „Oh.“
Schweigen. Und dann: „Woher hast du die?“
„Aus dem Bad“
„Marie, hör mir zu.“, fing er an.
„Ach hör doch auf, lüg mich bloß nicht an!“ Marie schrie fast.
„Marie, ich kann das erklären...“
„Ah ja? Oh Nico, du hast es mir versprochen.“ Jetzt schrie sie wirklich.
„Marie, ich...“
„Na los, sag es. Du hast mir versprochen damit aufzuhören.“, unterbrach sie ihn.
„Ich habe es doch versucht. Glaubst du, irgendwer stellt einen vorbestraften Drogendealer ein? Glaubst du irgendwer vertraut einem Ex-Knacki? Was meinst du, wie viele Unternehmen ich abgeklappert habe? Selbst in der Würstchenbude an der Ecke habe ich nach Arbeit gefragt.“ Nico schrie auch. Und dann war wieder Stille. Marie verschränkte die Arme und schniefte. Da kamen sie wieder, die Tränen. „Ich will, dass du ihn wegschmeißt.“, flüsterte sie.
„Marie, wie stellst du dir das vor?“ Er kam näher, sie wich ihm aus.
„Keine Ahnung, schmeiß es weg, vergrab es im Garten, irgendetwas. Mir egal. Hauptsache, das Zeug ist weg.“
Nico hob eines der Tütchen auf. Und hielt es ihr vors Gesicht.
„Das ist hochwertiges Koks. Das kann man nicht einfach in den nächsten Fluss werfen. Weißt du, wie viel der Stoff wert ist? Weißt du, was für einen Haufen Kohle ich damit verdienen kann?“
„Es ist mit egal, wie viel Geld du damit verdienst. Nico, an dem Stoff, wie du ihn nennst, sterben Menschen. Jugendliche!“
„Aber überleg doch mal, wie reich wir damit werden. Eine Villa am Strand, ein Häuschen im grünen. Keine kleine Wohnung in irgendeinem Pissdorf...“
„Nico. Es ist illegal. Dafür kannst du ins Gefängnis kommen.“, schrie Marie ihn an, „wenn du das Zeug nicht wegwirfst...“
„Wenn ich es nicht wegwerfe? Was passiert dann, willst du mich verprügeln?“ Nico lachte.
„Wenn du es nicht wegwirfst, dann... dann gehe ich zur Polizei!“
Nico stockte und wurde blass. „Das würdest du nicht tun.“ Er starrte sie an. Sie antwortete nicht. Nico schüttelte den Kopf. „Nein, das würdest du nicht. Du bist zu schwach. Du liebst mich.“
„Weißt du Nico, das hab ich am Anfang auch gedacht. Aber jetzt. Wenn ich dir in die Augen sehe... da ist nichts. Ich empfinde nichts mehr für dich.“, sagte sie leise.
„Du hast keine Beweise. Ich werde den Stoff mitnehmen.“
„Glaub mir, ich habe genug Beweise.“ Marie starrte Nico tief in die Augen. Wenn er nicht tat, was sie von ihm verlangte, dann würde sie es tun. Sie hatte sein Geständnis. Dazu hatte sie extra auf den Aufnahmeknopf am Tonbandgerät gedrückt, bevor er hereingekommen war.
Marie trat ans Fenster. Draußen war alles unverändert. Nur ein paar kleine Wolken waren aufgezogen und eine von ihnen verdeckte die Sonne.
Plötzlich spürte sie seine Hand an ihrer rechten Schulter... und sein Messer an ihrem Hals. Er war Linkshänder. Sie wusste, dass er gut mit dem Messer umgehen konnte. Marie zitterte. „Du kannst mich nicht umbringen. Der erste, den sie untersuchen werden, wirst du sein, weil du mein Freund bist.“
„Kann sein. Kann aber auch sein, dass ich dann, wenn sie dich finden, schon längst über alle Berge bin. Abgeseilt im Ausland.“, zischte er, „und jetzt sag mir, wo du die Beweise hast!“
„Vergiss es Arschloch.“
Er zog sie vom Fenster weg und schleuderte sie gegen die Wand. Marie sank auf den Boden.
Nico sah sich im Zimmer um. Er entdeckte die Vase, schleuderte sie auf den Boden. Scherben verteilten sich auf dem Boden. Der das Tonbandgerät. „Ah, da haben wir ja deine Beweise.“ Seine Stimme hatte sich total verändert. Seine liebe war völlig verschwunden. Da war nur noch Hass, der hinter seiner Fassade auftauchte. Sein ganzes Leben hatte er sich hinter dieser Fassade aus Freundlichkeit versteckt. Ganz selten kam sein wahres Gesicht zum Vorschein.
Er schleuderte das Gerät auf den Boden, dorthin, wo sich der Wasserfleck, der von der Vase stammte, auf dem Boden abzeichnete. Marie zuckte beim Aufprall zusammen und drückte sich mit geschlossenen Augen an die Wand. Sie hatte Angst vor ihm. Nie hatte Nico sich so gezeigt.
Marie atmete tief ein. „Ich habe noch mehr.“, sagte sie. Sie musste Zeit schinden. Irgendwie. Sie überlegte fieberhaft. Er starrte sie an. Dann kam er auf sie zu und hielt ihr sein Messer erneut an die Kehle. „Wo?“, fragte er ruhig. Dann wurde er lauter: „Wo hast du sie? Ich bring dich um!“
„Das tust du auch, wenn ich es dir sage.“ Zeit, sie brauchte mehr Zeit.
„Kann sein. Es gibt aber zwei Weisen jemanden zu töten.“ Nico strich zärtlich über die Klinge und sprach dann weiter: „Die schnelle Art... und die langsame schmerzvolle. Na? Was ist dir lieber. Ich krieg die Wahrheit schon aus dir raus.“
Marie schluckte und starrte ihm mit funkelnden Augen ins Gesicht.
„Ich habe eine Disc mit Bildern und Videos bei einem Anwalt hinterlegt. Er ist ein Freund meines Vaters.“, log sie, „Wenn ich sterbe, geht sie auf direktem Wege an die Polizei.“ Nicos Gesicht wurde blasser. Dann lächelte er. „Du konntest noch nie gut Lügen. Die Kassette war dein einziger Beweis. Noch irgendwelche letzten Worte?“
„Ach geh zur Hölle Arschloch.“ Nico lachte wieder und holte mit dem Messer aus. Er blickte ihr ins Gesicht, strich ihr über die Wange, sie wich aus.
„Schade, es war schön mit dir. Leb wohl.“, sagte er und es klang fast ein bisschen traurig.
Marie sah, wie sein Messer auf sie zukam. Schloss die Augen, erwartete den tödlichen Stoß und öffnete die Augen.
Nicos Messer war auf halben weg stehen geblieben. Seine Augen zeigten entsetzen und sein Mund versuchte einen erstickten Schrei. Dann wandte er sich um und Marie sah ein langes Küchenmesser in seinem Rücken stecken. Nico viel auf den Boden, zuckte noch einmal und blieb dann reglos liegen.
Mit Angsterfüllten Augen starrte Marie auf seinen Körper. Und hob dann den Kopf. Vor ihr stand, schwer atmend ihre Vermieterin. Die alte Frau zog zitternd das Messer aus Nicos Rücken, starrte es an und ließ es zu Boden fallen. Dann blickten die beiden Frauen sich gegenseitig an.
Marie erhob sich und ging zum Fenster. Hinter sich hörte sie, wie ihre Vermieterin eine Nummer wählte. Sie hörte nicht zu, was sie sagte, sondern starrte nur nach draußen auf den Kirschbaum. Wind war aufgekommen und blies die Blüten von seinen Zweigen.
Marie bemerkte, dass die alte Frau neben sie getreten war.
„Danke, Sie haben mir das Leben gerettet.“
„Ich habe dem Jungen noch nie getraut“
Sie starrten auf die Blüten, die zu Boden segelten. Sie sahen aus, wie rosa Schneeflocken im Wind.
Es fing an zu regnen. Draußen vielen die Regentropfen zusammen mit den Blüten zu Boden, drinnen tropften Tränen von Maries Gesicht.
Von weitem hörte man Sirenen.
Marie und ihre Vermieterin standen nur am Fenster. „Wie rosa Schneeflocken im Wind.“, flüsterte Marie. „Ja, wie rosa Schneeflocken im Wind.“
Es regnete und es sah aus, als würde der Himmel weinen.
Marie ist traurig. Ihr Freund hat sie verraten, er hat seine Chance vertan. Pass du auf deine eigenen Chancen auf, nutze sie. Du kennst meine Geschichte bereits, ich habe viel erlebt. Viel Leid, Trauer, Schmerz. Aber auch Glück, Freude und Liebe. Alles gehört zum Leben dazu, würde es das eine nicht geben, keiner würde ahnen, wie gut es ihm geht. Ja, vieles habe ich gesehen. Mehr als das Mädchen, bei dem ich lebe. Aber man muss nicht viel erlebt haben, um Geschichten erzählen zu können. Die folgende hat mein Mädchen mir erzählt. Keine Ahnung, woher es sie hat. Wer weiß, vielleicht ist sie ja wahr. Aber hör sie dir an und entscheide selbst: |
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